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Feb. 15, 2021

Im folgenden teile ich einen Artikel, der auf der Seite von family & friends e.V. veröffentlicht wurde. Danke Frau Scholz für Ihe Netzwerkarbeit und weiterhin viel Erfolg!!!


newsletter family & friends

 
"Kann man davon leben?"

Eine Kunsthandwerkerin in der Warteschleife


Seit mehr als 20 Jahren arbeite ich als Kunsthandwerkerin mit Textilien, v.a. mit Seide und Wolle. Die meiste Zeit davon habe ich auf den Kanarischen Inseln verbracht, also dort gelebt und gearbeitet. Nach einem zufälligen Schnupperkurs Filz an der Ostsee hatte ich meine Technik gefunden: ich stellte hunderte Taschen, Täschchen, Handpuppen, Fingerpuppen, Blüten, Baskenmützen, Kissen etc her und verkaufte sie erfolgreich. Auf den Märkten, überall auf den kanarischen Inseln, gab es stets einen sehr guten Kontakt zu KundInnen. Der Austausch war interessant, Nachfragen v.a. über meine Produkte waren willkommen. Eine sehr häufig gestellte und nicht sehr beliebte Frage (v.a. gestellt von deutschen Touristen) war: „Kann man davon leben?“ Diese Frage rief bei mir je nach Laune die unterschiedlichsten Reaktionen hervor. Eine Standartantwort schaffte ich nie, obwohl sie mir heute ganz einfach erscheint. Denn: Ich konnte sehr gut davon leben, meistens konnte ich nicht so viel produzieren wie nachgefragt wurde. V.a. als ich mich mehr und mehr auf die Herstellung von Tüchern aus Seide und Wolle spezialisierte. Es machte mir immer irrsinnig viel Spaß, meine schönen Dinge herzustellen und zu verkaufen, auch dann wieder in Berlin. Eigentlich, wenn ich es mir heute überlege, fand ich sogar die ewige Frage amüsant. Oder romantisiere ich das jetzt, weil mir zur Zeit diese Frage niemand stellen kann?

Denn der Verkauf auf Märkten fällt derzeit ja aus, und damit auch eine für KünstlerInnen ebenso wie für KunsthandwerkerInnen sehr entscheidende  Angelegenheit: der Austausch mit den KundInnen. Dieser Austausch ist vielleicht noch wichtiger als das Geld, das das Produkt einspielt. Geld kann auch irgendwie sonst auf meinem Konto landen, durch einen Online Verkauf oder durch Grundsicherung. Aber es hält mich nicht aufrecht.  Aufrecht hält mich die Anerkennung, der Austausch mit meinen KundInnen, deren Freude meine Schals anzuprobieren, die Freude wenn sie fühlen wie schön sich so ein Schal anfühlt und ihr Staunen wenn ich beschreibe wie ich das hergestellt habe. Oder auch in der letzten Saison mein neues Produkt. Also die Freude einer Kundin, wenn sie einen Engel entdeckt und ein passendes Foto auswählt, um einer Tante einen Liebesgruß zu senden. All diese Freude ist nicht zu ersetzen, das Erkennen der Kundin, etwas Besonderes gefunden zu haben, das bedeutet mir unendlich viel und hält mich aufrecht. Es ist das Lob sozusagen, mit Sternchen oder Bildchen wie als Kind in der Schule nach dem Diktat. Für meine Arbeit Anerkennung zu bekommen ist ein buntes Bildchen, und das brauche ich um auch weiterhin sehr gute Arbeit machen zu können.
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Ich habe eine website und einen onlineshop, und ich freue mich über jeden Verkauf. Aber es ist nicht das Gleiche, manchmal vielleicht wenn jemand etwas kauft und wir einige Tage hin- und her überlegen was nun für die Beschenkte am besten passt, wie es verschickt wird, was noch reingelegt wird ins Päckchen. Hin und wieder bekomme ich dann noch ganz umwerfende Nachrichten von gerührten Beschenkten weitergeleitet. Das hilft ein wenig.

Im Dezember hatte ich außerdem ein ganz großartiges Erfolgserlebnis mit ein paar anderen Kunsthandwerkerinnen, indem wir gemeinsam ein temporäres Ladengeschäft in Potsdam eröffneten. Leider nur für 9 Tage, dann wurde ja der Einzelhandel Mitte des Monats geschlossen. Ich werde hiervon ein andermal berichten. Die Zusammenarbeit mit anderen hat mir viel bedeutet und tut dies immer. Netzwerke sind auch in unserer Branche wichtigwichtig. Vor allem in dieser schwierigen Zeit.

Einstweilen habe ich mich zu einem Französischkurs angemeldet, online natürlich, um mein Hirn aufrecht zu erhalten, v.a aber um eine Struktur in meinen Wochenablauf zu bekommen. Wenn Dienstag und Donnerstag um 11 Uhr mein Kurs zu Ende ist, mache ich noch fix ein Fitness workout und gehe dann mit Schwung in die Werkstatt. Klingt logisch und einfach, an den anderen Tagen ist es tausendmal schwieriger. Was sonst noch? Ich sehe mir sämtliche Filme bei internationalen Filmfestivals an, höre alle Onlinekonzerte und tanze Samstags bei DJ Biankas Tanzclub, online natürlich.
Und soviel ich mich irgendwie motivieren kann stelle ich meine schönen Tücher her, gehe mit meinen Figuren durch die Stadt, mache Fotos und lasse mich inspirieren von der Ruhe die hier jetzt überall zu finden ist.

Ich sehne mich danach, bald ein freudiges „Bonjour Welt!“ in den Morgen hineinrufen zu können und meinen kleinen Handkarren voll mit Ware und Dekoration über holprigen Berliner Asphalt zum nächsten Markt zu ziehen. Hoffentlich fragt mich bald mal wieder jemand, ob ich davon leben kann, damit ich antworten kann: „Oh ja! Und zwar mit dem größten Vergnügen!“

Family & Friends e.V.

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In wenigen Minuten werde ich auf diesen Button drücken, auf dem "veröffentlichen" steht. Es hat etwas gedauert, und perfekt ist noch weit entfernt, aber immerhin ist es soweit. Eigentlich wollte ich schon im März diese web page veröffentlichen und mit dem Blog beginnen. Ich hatte mit meiner Freundin Antje schon Pläne für verschiedene Blogbeiträge. Wir dachten, wir könnten uns den Lockdown versüßen im Austausch miteinander und mit der Welt. Leider habe ich es dann doch nicht geschafft, eine kreative Totalblockade hielt mich davon ab. Oder so ähnlich. Ich hatte aber schon einen Teil für den ersten Beitrag geschrieben und ich will es hier nun einfügen, einfach deshalb, weil es mir so vorkommt als wäre das einhundert Jahre her, und inzwischen ist so viel passiert! (oder eben gerade nicht passiert) Geplanter Beitrag vom 19. März 2020 Eigentlich wollte ich ja immer einen Fahrradblog machen. Für alleinreisende Fahrradfrauen. Oder für alle leidenschaftlichen Radreisenden. Jetzt ist aber alles anders. Radreisen, Reisen, einfach weiterfahren, das geht nicht. Kaum vorstellbar. Es kann sich nur noch um Tage handeln bis wir in unseren Wohnungen bleiben müssen. In vielen Ländern ist das ja bereits der Fall. Heute morgen hat mir eine Freundin eine Nachricht geschrieben: "Wie bereitest Du dich denn darauf vor, nicht mehr raus zu dürfen? Vielleicht kann ich von dir lernen. Da bin ich nämlich blockiert". Ich fand die Frage zunächst seltsam. Weil ich schon so dermaßen vorbereitet bin. Vielleicht liegt es daran, dass ich lange in Spanien gelebt habe und meine Freundinnen und Freunde dort bereits seit Tagen nicht mehr raus dürfen. Somit habe ich einen gewissen Informationsvorsprung, wie es so sein wird. Nachdem ich ihr alles aufgeschrieben hatte was mir zum sich Vorbereiten einfiel, antwortete sie mir: "Ich bin beeindruckt. Du weißt aber schon dass du noch rausdarfst?" Ja weiß ich, aber im Grunde bin ich bereits Solidaritäts-Immer-Drinnen mit allen die wirklich nicht mehr raus dürfen. Außerdem fühlt es sich draußen schon so crazy an. Der Radius, in dem ich mich bewegen darf hat sich ja schon stark eingeschränkt. Meine Griechenlandreise am 30. März zum Beispiel. Ich wollte nach Kreta wandern gehen. In Griechenland war ich noch nie, bisher kam immer etwas dazwischen. Bereits jetzt versuche ich alle Kontakte mit Menschen zu meiden, heute habe ich noch einmal Freunde im Garten besucht. Sicherheitsabstand zwei Meter, angefasst wurde nichts. Wir fanden es alle komisch, uns nicht zu umarmen. Aber wir konnten uns unterhalten und Gintonic trinken. Wunderbar! (Um die Gastgeberin zu zitieren) Nun geht es kreativ weiter, die Totalblockade des Lockdowns ist vorbei. Ich hoffe (gleichzeitig zweifelnd) auf die Vernunft der Menschen, damit es nicht zu weiteren Einschränkungen kommt. So bereite ich Weihnachtsmärkte vor, einen online-shop und viele schöne Dinge, die Ihr auf meiner webpage in Zukunft ansehen könnt. Und natürlich den nächsten Blogeintrag. Petra Abel
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